Stoffbilanz Neusiedler See

Ausgangslage und Zielsetzung

Die vorliegende Stoffbilanz des Neusiedler Sees ist als Weiterführung früherer Untersuchungen zur Stoffbilanz zu sehen. Sie zielt zum einen darauf ab, die seeinternen Prozesse besser zu verstehen. Zum anderen bietet die Stoffbilanz die Möglichkeit, ausgehend von aktuellen Klimaszenarien hydrologische und letztlich hydrochemische Szenarien für den Neusiedler See abzuleiten. In Verbindung mit anderen Modellansätzen wird so auch eine Bewertungsgrundlage geschaffen, um Auswirkungen einer Fremdwasserzufuhr auf das Ökosystem Neusiedler See besser abschätzen zu können.

Resümee

Die Stoffbilanzen belegen die Bedeutung seeinterner Prozesse auf die chemische Charakteristik des Neusiedler Sees. Die Konzentrationen selbst leicht löslicher Wasserinhaltsstoffe wie Chlorid und Natrium unterliegen nicht nur dem Wechselspiel von Aufkonzentration und Verdünnung, sondern sind im trocken fallenden Schilfgürtel auch Ausfällungs- und Rücklösungsprozessen unterworfen, die den Gesamtsalzgehalt im offenen See beeinflussen. In Verbindung mit Klima- und hydrologischen Szenarien kann die Stoffbilanz als Prognose-Tool gesehen werden, wie sich der See bei Änderung der Rahmenbedingungen (Klima, menschliche Eingriffe) entwickelt. Einer der wichtigsten Erkenntnisse der Stoffbilanzen ist die Bedeutung des Grundwasserzuflusses für den Chemismus. Dieser mag aus hydrologischer Sicht wenig zur Wasserbilanz beitragen, in der Stoffbilanz scheint das Grundwasser jedoch eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen. Des Weiteren unterstreichen die Bilanzen die Bedeutung des Schilfgürtels als Ablagerungsraum für das beständig neu gebildete Feinsediment, zu dem ausgefälltes Calciumkarbonat einen nennenswerten Anteil beiträgt. Ebenso wird Phosphor zum Großteil über Schwebstoffe in den Schilfgürtel exportiert und dort sedimentiert. Sowohl Calcium als auch Phosphor können aber bei höherem Wasserstand zu einem gewissen Anteil auch wieder „rückgelöst“ und ins Freiwasser ausgetragen werden. Aus chemischer, ökologischer und letztlich wasserwirtschaftlicher Sicht ist der Erhalt des Chemismus des Neusiedler Sees von großer Bedeutung. Der Salzgehalt und der alkalische Charakter des Sees sind wichtig, um einen effektiven Abbau von organischem Material zu gewährleisten und damit der fortschreitenden Verlandung des Sees entgegenzuwirken. Mit den Stoffbilanzen liegt nunmehr ein Tool vor, anhand dessen die künftige Entwicklung des Chemismus des Neusiedler Sees besser abgeschätzt werden kann. Damit ist auch eine bessere Risikobewertung hinsichtlich der Auswirkungen einer Fremdwasserzufuhr auf den See möglich.

Autor: Mag. Dr. Georg Wolfram, Wien, 05.10.2024

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